Seit 140 Jahren baut das Familienunternehmen in Frechen Quarzsand ab. Die Gründung der Quarzwerke geschah im April 1884. Zwei Essener Bauunternehmer, Wilhelm Köhnen und Carl Grosspeter, hatten sich auf den Weg nach Frechen-Buschbell gemacht, um das Quarzsandvorkommen auf einem Grundstück der Familie Lenders – dem „Lenders’ Busch“– zu erschließen. Der Überlieferung nach gab Krupp den entscheidenden Hinweis auf das Quarzsandvorkommen.
Als die „Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn“ am 13. November 1893 ihren Betrieb aufnahm, wurde der Standort Frechen noch attraktiver. Unter den industriellen Investoren dieser Gründerzeit war der gelernte Pflastermeister August Lindemann (1865-1938), der in Köln ein Tiefbaugeschäft betrieb. Da seine Kunden immer mehr Quarzsand verlangten, spielte er schon länger mit dem Gedanken, einen eigenen Sandgrubenbetrieb in Frechen zu erschließen – es entstanden die Cöln-Frechener Cristall-Sandwerke.
ach dem Ende des ersten Weltkrieges stand Deutschland 1919 vor einem Scherbenhaufen. Das Rheinland war von fremden Truppen besetzt; politische Unruhen, Putschversuche und Generalstreiks prägten die Zeit. Die ohnehin geschwächte Wirtschaft musste sich mit Auflagen und Reparationen der Siegermächte abfinden.
Für Hans Grosspeter und Otto Lindemann, der nach dem Ausscheiden seines Vaters die Gesamtleitung der Cristall-Sandwerke übernommen hatte, schien dies genau der richtige Zeitpunkt aufeinander zuzugehen, um gemeinsam die Zukunft der Frechener Quarzsandwerke zu sichern. Beide Unternehmen verschmolzen zur „Grosspeter, Lindemann & Co. Kommanditgesellschaft“.
Gegründet wurde die „Quarzmahlwerk Frechen mbH“ – die unmittelbare Vorgängerin der heutigen Quarzwerke GmbH – am 29. August 1923.
Im Sommer 1924 war die Inflationszeit überwunden und es ging in den „Goldenen Zwanzigern“ kräftig aufwärts. Frechener Quarzsand war wieder gefragt und ein neues Quarzmahlwerk lieferte seine Quarzmehle an einen stetig wachsenden Kundenkreis, wie Henkel und Sunlicht, wo Quarzmehl im Scheuerpulver eingesetzt wurde. Als eines der modernsten und leistungsfähigsten Mahlwerke seiner Zeit stellte es nicht nur nach Korngröße definierte Quarzmehlsorten her, sondern betrieb auch ein Labor zur Qualitätsüberwachung und Erforschung weiterer Anwendungsmöglichkeiten. Erstmals konnte man den Sand nun gezielt in seiner Größenstruktur verändern. Mit dem Quarzmahlwerk gelang dem Unternehmen ein weiterer großer Schritt: vom reinen Rohstofflieferanten zum Rohstoffveredler.
Der Zweite Weltkrieg, der am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen begann, hatte anfangs weniger gravierende Folgen für die Produktion der Quarzwerke, als 25 Jahre zuvor der Erste Weltkrieg. Die nationalsozialistische Organisation der Kriegswirtschaft verhinderte Engpässe durch fehlenden Bahnfrachtraum und ähnliche Probleme. Allerdings mussten die Quarzwerke wie andere Unternehmen Arbeitskräfte an die Wehrmacht abgeben und litten unter dem Mangel an Facharbeitern.
Die Kriegsschäden waren im Werk Frechen weniger dramatisch als befürchtet, trotzdem: Der wochenlange Stillstand hatte die Sandgrube und die Anlagen der Grubenbahn in eine Dünenlandschaft verwandelt. Auch gab es durch Bomben- und Artillerietreffer Schäden an Baggern, Lokomotiven sowie an der Sandwaschanlage und dem Anschlussgleis des Sandwerks. „Unter Voraussetzung der Lieferung sämtl. Baustoffe und Reparaturmaterialien“, so Otto Lindemann, ließ sich jedoch kurzfristig alles wieder instand setzen. Obwohl er nur noch 17 Mitarbeiter beschäftigte – die normale Belegschaft von Grube und Mahlwerk betrug zwischen 80 und 100 Personen – sollte die tägliche Leistung bald wieder 200 Tonnen Sand betragen. Noch im Sommer 1945 verließen die ersten mit Quarzsand und Quarzmehl beladenen Waggons das Sand- und Mahlwerk in Frechen. Die Produktion lief also wieder – wenn auch zunächst bescheiden und „mit kleinsten Umsätzen und grossen Verlusten“, wie Otto Lindemann den Gesellschaftern berichtete.
Seit Beginn der 1950er Jahre erlebten die Quarzwerke – jetzt mit dem 1944 von Otto Lindemann entworfenen noch heute gültigen Firmensignet in Form eines Schaufelblatts – einen bemerkenswerten Aufschwung. Die Nachfrage nach Quarzsand wuchs mit dem Boom der deutschen Wirtschaft in der Zeit des „Wirtschaftswunders“. Im Werk Frechen stieg die Produktion von 335.000 Tonnen im Jahr 1950 auf rund 628.000 Tonnen im Jahr 1955.
Die Jahre des Wiederaufbaus beschränkten sich für die Quarzwerke nicht nur auf die Werke. Seit 1949/1950 entstand im Ortsteil Neubuschbell für die Belegschaft eine großzügige Werkssiedlung mit 25 Einfamilienhäusern, darüber hinaus finanzierte man mit Zuwendungen und Wohnbaukrediten den Bau von Wohnsiedlungen auch an den anderen Standorten der Quarzwerke. Im Mai 1951 wurde mit dem „Alters- und Hinterbliebenenfürsorge der Arbeitsgemeinschaft Quarzwerke e.V.“ eine eigene Sozialkasse ins Leben gerufen. Dazu kamen Zuwendungen der besonderen Art: Im Dezember 1951 beteiligten sich die Quarzwerke an einer mit einer Lotterie verbundenen Bundesanleihe und erwarben für jeden Mitarbeiter sogenannte „Babybonds“, das heißt Beteiligungen an der Anleihe zu geringen Nennbeträgen, die zur Teilnahme an den Prämienziehungen berechtigten.
Für die Aufforstung der Abraumhalden und ausgesandeten Gelände wurden Anfang der 1950er Jahre die „Forstbetriebe Großpeter-Lindemann“ als gesonderte Abteilung und mit eigenem Budget eingerichtet. Bereits Ende der 1940er Jahre hatte Otto Lindemann die große, die Sandgrube nach Osten hin begrenzende Abraumhalde bepflanzen lassen. Damit gehörten Sandverwehungen, wie sie bei ungünstigen Witterungsverhältnissen auftreten konnten und über die manche Anwohner geklagt hatten, der Vergangenheit an. Durch die Aufforstung der im Volksmund als „Lindemann-Kippe“ bekannten Abraumhalde hat Frechen einen modernen Sportpark erhalten. Letztlich war dessen Entstehung zwei Persönlichkeiten zu verdanken: dem langjährigen Stadtdirektor von Frechen Hans Schaeven und Otto Lindemann.
Schaeven hatte sich seit seinem Amtsantritt 1947 als Verwaltungschef der Gemeinde und späteren Stadt Frechen um eine Sportstätte bemüht, doch in den Nachkriegsjahren war der Bau von Wohnungen wichtiger. Außerdem fehlten der Kommune das Geld und ein Grundstück. Als Hans Schaeven gemeinsam mit Otto Lindemann die neu bepflanzte „Lindemann-Kippe“ besichtigte, erklärte dieser sich spontan bereit, nicht nur das Gelände für die geplante Sportanlage zur Verfügung zu stellen, sondern auch das gewünschte terrassenförmige Profil herzustellen.
Diese Vereinbarung per Handschlag war die Geburtsstunde des Frechener Sportparks „An den sieben Bäumen“. Nach dem Ende der zweiten „Frechener Sportwoche“ begannen im September 1950 die Erdarbeiten und insgesamt wurden im Verlauf der nächsten Jahre rund 700.000 Kubikmeter Kies geschichtet. Nach und nach entstanden die eigentlichen Sportanlagen, Kampfbahnen, Wiesen, Wege und Grünanlagen – dank der großzügigen Spenden und Mitarbeit Otto Lindemanns und der Quarzwerke und der Vision des Verwaltungschefs Hans Schaeven, einer Freizeitanlage in Frechen.
In den 1960er Jahren waren die Quarzwerke als Unternehmen gut positioniert. Quarzwerke konnten durch solide Technik und langfristige Ressourcenplanung ihre Position ausbauen. Ein weiterer Schwerpunkt war die gemeinschaftliche Weiterentwicklung von Produkten in enger Zusammenarbeit mit den Kunden. Als Schwachpunkt entpuppte sich jedoch – gerade in Phasen der Rezession – die 80 %ige Abhängigkeit von zwei Branchen (Glas und Guss). Auch deshalb, vor allem aber um einen technologischen Vorsprung zu halten, entschieden sich die Quarzwerke, mit neuen Produkten neue Märkte zu erschließen. Sie richteten 1964 eine Entwicklungsabteilung ein.
Der erste große Erfolg eines neuen Produkts gelang in enger Zusammenarbeit mit einem Kunden: Die Bayer AG Leverkusen suchte ein Material zur Verdichtung und Volumenerhöhung von Zahnabdruckmassen und bat die Quarzwerke um Unterstützung.
Bereits seit Juni 1966 beschäftigte sich die Entwicklungsabteilung der Quarzwerke mit einer besonderen Herausforderung: der Oberflächenveredelung von Quarzmehl. Denn das Quarzmehl eignete sich zwar als idealer Füllstoff, trug aber in organischen Verbindungen, z.B. bei Kunststoffen, nicht aus eigenen Kräften zur Bindung im System Füllstoff-Harz bei. Die Quarzwerke fanden eine Lösung: Sie überzogen die einzelnen Quarzmehlkörnchen mit einer extrem dünnen Schicht so genannter „Silane“. Damit war die erste Generation oberflächenbehandelter Füllstoffe geboren, die unter der Marke „SILBOND“ auf den Markt kam. Es waren zugleich die ersten „Hochleistungsfüllstoffe“, die das Zielmaterial mit genau definierten Eigenschaften verbessern konnten.
Die verstärkte Produktentwicklung wurde von Investitionen in neue Anlagen begleitet. Ende 1967 begannen die Quarzwerke mit der zweiten Ausbaustufe am Standort Sandgrube Frechen. Im modernen, mit neuesten Staubschutzvorrichtungen ausgerüsteten Mahlwerk, das im April 1969 seinen Betrieb aufnahm, verdoppelte sich die Mahlleistung. Außerdem wurde die Nassaufbereitung erweitert, neue Bandstraßen und Gleisanlagen errichtet und die komplette Logistik neu gebaut.
Jetzt stand nur noch die räumliche Situation einer effizienten Organisation im Weg: Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitete die gesamte Verwaltung in Köln-Marienburg, im Dezember 1973 konnte endlich die neue Hauptverwaltung im Frechener Kaskadenweg Nr. 40 bezogen werden, die nur wenige hundert Meter von der Sandgrube entfernt lag. Das architektonisch anspruchsvolle, in die Landschaft eingepasste Gebäude mit Großraumbüros, Besprechungsräumen, moderner Klima- und bald der ersten EDV-Anlage erfüllt bis heute seinen Zweck.
Nach schwierigen Jahren mit Ölkrise und stagnierender Umsatzentwicklung zeichnete sich ab 1982, parallel zur allgemeinen wirtschaftlichen Erholung, eine spürbare Besserung ab. „Der Ertrag des Unternehmens gegenüber dem Vorjahr hat sich entscheidend verbessert“ teilten Hans Lindemann-Berk und Horst Grosspeter, der seinen Vater nach Gesellschafterbeschluss geschäftsführender Gesellschafter abgelöst hatte, mit.
1985 hatte Horst Grosspeter gemeinsam mit dem Frechener Speditionsunternehmer Wolfgang Günther Freund die „mst – Mineral-Speditions- und Transport-GmbH, Frechen“ gegründet, drei Jahre später entstand, ebenfalls mit 50-Prozent-Beteiligung, die „mst – Mineral-Handelsgesellschaft mbH, Frechen“.
Die Öffnung der Berliner Mauer war ein bewegendes aber auch unerwartetes Ereignis. Auch für die Quarzwerke war es ein Glücksfall, denn durch die Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 ergaben sich in Ostdeutschland und Osteuropa neue Markt- und Investitionsmöglichkeiten.
Zum 1. Januar 1994 wurde Robert Lindemann-Berk zum Geschäftsführer bestellt, zwei Jahre später zum geschäftsführenden Gesellschafter. In den Folgejahren wurden in Osteuropa weitere Standorte übernommen, eine der größten Übernahmen wurde jedoch in Deutschland getätigt.
Der Jahrtausendwechsel verband sich für die Quarzwerke mit zwei symbolträchtigen Ereignissen: Der Quarzsandabbau erreichte 1999 den Grubenrand der 1925 still gelegten Grube Buschbell, wo mit Wilhelm Köhnen und Carl Grosspeter 115 Jahre zuvor die Unternehmensgeschichte ihren Anfang genommen hatte. Ein Jahr später wurden die noch verbliebenen Anlagen des alten, 1904 von August Lindemann errichteten Sandwerks an der Dürener Straße abgerissen und auf dem Gelände des alten Sandwerkes entstand eine Wohnsiedlung. Zugleich wurde in unmittelbarer Nähe zum Sand- und Mahlwerk Frechen die neue „Pilotproduktion“ errichtet.
Am 19. Mai 2006 fällte die Gesellschafterversammlung weitreichende Entscheidungen: Die Gesellschaftergruppe Grosspeter scheidet aus dem Unternehmen aus. Alle operativen Gesellschaften bleiben bei der Quarzwerke GmbH. „Die Gesellschaftergruppen Lindemann und Lenders sind entschlossen, die Quarzwerke auch zukünftig als Familienunternehmen zu führen“, erklärte der geschäftsführende Gesellschafter Robert Lindemann-Berk.
Es folgte eine Neuordnung der gesamten Gesellschaft und eine Konzentration auf die operativen Kerngeschäfte in Deutschland, Österreich und Osteuropa.
Der Umfang und die Geschwindigkeit des Wachstums des Unternehmens in den vergangenen Jahren mögen enorm erscheinen, sind aber geprägt von kaufmännischer Umsicht und finanzieller Solidität.
Zwar hat die Rezession 2008/2009 mit Umsatzrückgängen von rund 40 Prozent den Standort Frechen besonders hart getroffen, was Einschnitte unumgänglich machte. Auf der anderen Seite wurden die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten weiter verstärkt, um neue Chancen für die Zukunft zu entwickeln.
Diese langfristige Orientierung erlaubt uns auch ein von Nachhaltigkeit geprägtes arbeiten. Das Prinzip der Nachhaltigkeit mit allen drei Säulen, Ökologie, Ökonomie und Soziales, ist auch ein wesentlicher Teil des Unternehmensleitbildes der Quarzwerke. Durch nachhaltiges Wirtschaften wollen die Quarzwerke eine dauerhafte Lebensgrundlage des Unternehmens sicherstellen und notwendige Eingriffe in die Natur minimieren. Umwelt- und Gesundheitsschutz genießen hohe Priorität.“
Denn auch für künftige Generationen an Kunden, Mitarbeitern, Gesellschaftern und Geschäftsführen soll es heißen: Kein Tag ohne Sand.
Am Standort Frechen arbeiten rund 230 Mitarbeiter. Die Bindung ans Unternehmen und den Standort Frechen ist sehr eng. Viele sind hier aufgewachsen, zur Schule gegangenen und haben hier ihre Familie gegründet. Frechen und Quarzwerke sind Teil ihres Lebens – und Quarzwerke ist Teil des Frechener Lebens.